Interview von Hitradio FFH vom 11.04.2021 für die Sendung "Kreuz und Quer"
Teil eins des Interviews
Lara Hoffmann (Moderatorin)
Das ist ein Weg, der das Leben verändert. Ja, das sagen glaube ich wirklich viele, die schon mal auf dem Jakobsweg pilgern waren. Andreas Bauer aus Groß-Umstadt der ist Feuerwehrmann und Notfallsanitäter, und ich stell mir das extrem krass vor diesen Job, aber er sagt auch, er wollte eigentlich mal so wirklich runterkommen, das hat bei ihm aber durchs Pilgern nicht so ganz geklappt. „Jakobsweg - geholfen hat es nicht“ heißt sein Buch. Klingt eigentlich bisschen seltsam, weil die meisten sind doch eigentlich total begeistert nach so einer Pilgererfahrung.
Andreas Bauer
Natürlich, wenn man den Titel von meinem Buch liest. Der ist bewusst provokant gewählt, weil, ich bin mit einer gewissen Vorstellung an den Jakobsweg herangegangen, mit dem Wunsch ein gewisses Ergebnis zu erzielen, und das hat überhaupt nicht funktioniert. Aber es kam etwas bei raus, was mich jetzt sagen lässt: „Ich würde es sofort wieder machen. Sofort.“
Lara Hoffmann
Ja die Frage ist jetzt natürlich was. Andreas ist ja Feuerwehrmann und Notfallsanitäter, also ein Job, der extrem anstrengend und stressig ist, aber auf dem Jakobsweg, da wollte er dann endlich mal runterkommen.
Andreas Bauer
Bei mir war es, ich wollte diesen vermeintlichen Stress loswerden und mich auf einen Level bringen, wo ich sagen kann: „da kann ich weiterarbeiten für die restlichen Jahre meines Dienstlebens“ und das habe ich eben nicht erreicht. Aber es ist was ganz, ganz Tolles für mich bei rausgekommen, nämlich eine wahnsinnig intensive Liebe zu meiner Frau, die ich so vorher nicht kannte. Ich habe sie vorher schon geliebt, keine Frage, deswegen habe ich sie ja geheiratet; diese intensive Liebe, die ich jetzt zu ihr habe, die habe ich vorher so nie empfunden.
Lara Hoffmann
Total schön. Also der Jakobsweg, der hat seine Gefühlswelt ziemlich durcheinandergebracht, sagt der zweifache Familienpapa und eben die Liebe zu seiner Frau extrem verstärkt und auch verändert wie er die Welt sieht. Gleich, um kurz nach 8 Uhr, da erzählt uns Andreas aus Groß-Umstadt was er noch so auf dem Jakobsweg über sich gelernt hat und wieso er diesen Weg heute liebt. Einen wunderschönen Sonntagmorgen.
Teil zwei des Interviews
Lara Hoffmann
Die einen von uns liegen auf der Couch um runter zu kommen und zu entspannen, und die anderen machen sich auf den Weg raus in die Natur. Vielleicht ja auch Hunderte Kilometer zu Fuß. Auch Andreas Bauer aus Groß-Umstadt. Der ist den wohl berühmtesten Pilgerweg der Welt gelaufen: den Jakobsweg. Der Feuerwehrmann, der wollte sich mal eine Auszeit gönnen. So richtig runterkommen hat nicht geklappt, hat er uns vorhin schon erzählt, aber Andreas hat, alleine unterwegs, die Liebe zu seiner Frau ganz neu entdeckt und er sagt: „der Jakobsweg hat sein Leben verändert“.
Andreas Bauer
Einfach weil es eine sehr intensive Erfahrung einfach tatsächlich ist. Das berichten sehr, sehr viele und leben ihr Leben unter Umständen auf einmal ganz anders, weil sie merken, viele Dinge, die ich vorher dachte, die ich unbedingt brauche, die brauche ich eigentlich gar nicht. Und das merkt man auf dem Jakobsweg ganz intensiv.
Lara Hoffmann
Das kann ich so gut nachvollziehen. Also nur mit dem Rucksack unterwegs, da merkt man wirklich, wie wenig man eigentlich braucht. Und vor allem, sagt Andreas, auf der Pilgertour da hat er unglaublich schnell Kontakte geknüpft.
Andreas Bauer
Die Unterhaltung mit anderen Menschen, egal welches Alter, egal welches Geschlecht, egal wo die herkommen, wenn ich in dir irgendwo langlaufe und spreche ein 21-jähriges Mädchen an, dann guckt sie mich komisch an. Auf dem Jakobsweg kann ich mich ganz normal mit der unterhalten. Das sind einfach die intensiven und offenen Unterhaltungen mit wildfremden Menschen.
Lara Hoffmann
Ja, das hat schon wirklich deinen Zauber. Also ich glaube jeder von ihnen, der schon mal so einen Weg gelaufen ist, der hat es vermutlich erlebt und du weiß, wovon wir sprechen. Trotzdem ist der Weg natürlich auch anstrengend. Knieschmerzen, Blasen an den Füßen, das gehört auch dazu und Andreas dachte dann auch tatsächlich mehrfach dran, aufzuhören.
Andreas Bauer
Ja. Absolut. Die Phasen hat jeder. Entweder aus mentalen Gründen heraus oder, wie bei mir, aus körperlichen Gründen. Und es gibt einen Spruch: „never break on a bad day“, also niemals aufhören an einem Tag, an dem es einem schlecht geht. Immer noch einen Tag warten und dann überlegen: „Will ich wirklich aufhören?“. Wenn ja, dann bricht man ab. Ansonsten läuft man einfach weiter, weil einen schlechten Tag hat jeder mal.
Lara Hoffmann
Definitiv. Guter Satz auf jeden Fall. Der Feuerwehrmann aus Groß-Umstadt, der ist aber jetzt sehr, sehr stolz, dass er den Jakobsweg geschafft hat. Über seine Erfahrung hat Andreas Tagebuch geführt und daraus hat er ein Buch gemacht, das heißt, ein bisschen provokant, „Jakobsweg - geholfen hat es nicht“. Also nicht geholfen runterzukommen, aber sein Leben verändert. Das ist ja zumindest auch mal was, ne. Fotos von Andreas Pilgerreise und den Link zum Buch den haben wir für Sie bei uns bei FFH in Web und App.
Den Mitschnitt des Interviews kann ich aufgrund der gemapflichtigen Hintergrundmusik leider nicht veröffentlichen.